Der zweite große Brand von London

"London was, but is no more!" -"London war, aber ist nicht mehr" sind die Worte des Chronisten John Evelyn am Abend des 3. September 1666. Zwei Tage und zwei Nächte wütet bereits das "Große Feuer von London", das vier Fünftel der Stadt in Schutt und Asche legen wird.

Verhängnisvolle Nachlässigkeit

Es ist ruhig in der Pudding Lane an diesem 1. September, jener Straße, in der Thomas Farryner, der Bäcker des Königs Charles II, sein Haus hat. Gegen 21.00 Uhr macht er sich zur Nachtruhe fertig. Seine Frau und seine Tochter sowie die drei Angestellten schlafen bereits. Farryner hat das Feuer im Ofen gelöscht, aber vergessen es mit Wasser auszugießen. Es dauert nicht lange und Glut fällt heraus. Sie setzt den nahen Holzstapel in Brand. Gierig verschlingen die Flammen alles brennbare Material: das Stroh auf dem Boden, die hölzernen Tische, die Balken... gegen 1:00 Uhr wird Farryners Lehrling vom Qualm und Hitze im Innern des Hauses geweckt. Alle Ausgänge sind bereits durch Flammen versperrt. Er weckt die Bewohner, die über eine Dachluke und angrenzende Hausdächer entkommen können - bis auf das Dienstmädchen: zu ängstlich zum Klettern, wird sie das erste Opfer der Flammen.

Perfektes Futter   

     Kupferstich vom großen Brand

Eng und schmal ist die Pudding Lane, in der haupsächlich Köche und Bäcker ihr Zuhause haben. Die mit Stroh gedeckten Giebel der Fachwerkhäuser scheinen über die Straßen und Gassen hinweg zusammengewachsen zu sein und begünstigen so die schnelle Ausbreitung des Feuers. Hoch lodern die Flammen im Bäckerhaus, Funken sprühen und fallen in den Hof des "Star Inn" am "Fish Street Hill", der mit Heu ausgelegt ist. Ein heftiger Ostwind facht das Feuer zusätzlich an. Funken setzen weitere Dächer und Häuser aus Holz und Stroh in Brand. Um 4 Uhr wecken zwei Schutzmänner den Oberbürgermeister von London Sir Thomas Bludworth, um ihm vom Feuer zu berichten. Er sieht aus dem Fensterhinaus und bevor er wieder zu Bett geht, sagt er zu den Wachleuten: "Pah! Das kann eine Frau auspinkeln!"

Kleinere Stadtbrände sind im 17.-Jahrhundert an der Tagesordnung aber einige Stunden später ist der Brand bereits

Außer Kontrolle

Heiße Asche die auf die umliegenden Dächer fällt, ja sogar brennende Tauben sorgen für ein rasantes Ausbreiten der Flammen. Niemand kann sie stoppen und das Schlimmste: Die Pumpen, die den Großteil der Stadt mit Wasser versorgen, sind ebenfalls zerstört. Eine organisierte Feuerwehr, wie wir sie heute kennen, gibt es noch nicht. Eigentlich ist es die Aufgabe der Einwohner, Brände zu löschen. Nur ein paar "tragbare Spritzen", die immerhin über kurze Zeit Wasserdruck erzeugen können, sind im Einsatz. Mit Wassereimern und Knüppeln werden kleinere Brände bekämpft. Äxte, Seile und Haken kommen zum Einsatz um Fachwerkhäuser niederzureißen und so Lücken zu schaffen. Doch dieses Feuer ist bereits außer Kontrolle. Als es die Warenhäuser der reichen und mächtigen Kaufleute in der Thames Street erreicht, die voll sind mit Talg, Öl und Kohle, aber auch explosiver Stoffe wie Hanf, Pech und Spirituosen, erhitzt es sich so stark, dass kein Mensch mehr in seine Nähe kann. Voller Verzweiflung packen die Londoner ihre Habseligkeiten auf Karren und Boote, deren Preise sich innerhalb kürzester Zeit verzehnfachen. Manche verstecken Musikinstromente in der Kanalisation. Andere vergraben Wein und Parmesankäse im Garten. Die Hitze ist so groß, dass die Steine der von den Londoner heißgeliebten "St.Pauls Kathetrale" wie Granaten durch die Luft fliegen und die riesigen Bleidächern schmolzen wie Schnee in der Sonne, um sich über den Kirchhof zu ergießen. Sogar der König "Charles II." selbst wird unter den verzweifelt arbeitenden Helfern und Helfershelfern gesichtet, als er "durchnässt, rauchgeschwärzt und von Asche bedeckt" mit Spaten und Eimer hantiert. Doch das Feuer breitet sich immer weiter aus, so dass der König den Befehl gab Häuser niederzureißen oder mit Schießpulver zu sprengen um systematisch Schneisen zu schlagen um dem Feuer keine neue Nahrung mehr zu bieten. Am 6. September drehte sich der Wind und das Feuer konnte nach vier zermürbenden Tagen eingedämmt und gelöscht werden.

Die Schadensbilanz

ist erschütternd: 13 200 Häuser, ettliche öffentliche Gebäude und 87 Kirchen darunter auch die berühmte "St.Paul`s Cathetral" sind bis auf die Grundmauern niedergebrannt und 200 000 Menschen obdachlos und müssen in den folgenden Monaten in provisorisch zusammengezimmerten Hütten und Schuppen ihr Dasein fristen. 10 Millionen Pfund kostete die Stadt "der große Brand von London". Im Hinblick auf diese verheerende Katastrophe erscheint es wie ein Wunder, dass lediglich 6 Menschen (andere Quellen sprechen von 8 Menschen) getötet wurden. Der Architekt Christopher Wren Baut 49 neue Kirchen, darunter auch die St.Pauls Kathetrale. Ein gutes hat das Feuer gehabt: Während auf dem Kontinent noch ein Jahrhundert lang die leid- und todbringende Beulenpest wütet, wird der Krankheitserreger, der den "Schwarzen Tod" bringt, in der immensen Hitze des tagelang währenden Feuers abgetötet. Die britischen Inseln bleiben nach dem großen Feuer von Pestepidemien weitgehend verschont. Heute erinnert nur noch ein bescheidenes Säulendenkmal in der Innenstadt Londons an die Feuersbrunst, die seinerzeit fast die ganze Stadt zerstört hat.

Konsequenzen

Im Jahre 1667 wurde aus Konsequenz dieser Brandkatastrophe ein neue Feuerordnung für London in Kraft gesetzt, die die Stadt in vier Quartiere einteilt. Jedes dieser vier Quartiere hat u.a. 50 Leitern und 800 lederne Feuereimer bereitzuhalten. Die zwölf bedeutensten Zünfte mussten je eine Pumpe bereithalten. Für jedes Quartier war ein Nachtwächter zu bestellen, welcher von zehn Uhr abens bis fünf Uhr morgens in den Straßen zu patrollieren hatte. nach dem Brand wurde zum Andenken diese Säule in London errichtet